Der Tourismus ist einer der sich am schnellsten entwickelnden Wirtschaftszweige weltweit. Mit dem steigenden Erfolg der Reisebranche nimmt jedoch auch der Druck auf die Natur und die Umwelt in den bereisten Regionen zu. Zudem erscheinen vermehrt ökonomische, aber auch gesellschaftliche Herausforderungen, wie z.B. der Fachkräftemangel oder die kritische Entwicklung des Overtourismus. Hier sind touristische Destinationen, Leistungsträger, Buchungsplattformen und Reiseanbieter gefordert, aktiv den Weg zu einem nachhaltigen Tourismus zu gestalten und sicherzustellen, dass die Freude am Reisen nicht zu einer Überschreitung der ökologischen und sozialen Grenzen führt.
Wichtig ist in diesem Kontext auch die Perspektive der Reisenden. Denn nur, wenn nachhaltige Angebote den Kundenbedürfnissen entsprechen, werden diese nachgefragt und können zur Profitabilität im Tourismus beitragen.
Mit Fokus auf die Kundenperspektive hat bruhnpartner im Auftrag von Valais/Wallis Promotion und ausgewählten Walliser Destinationen eine umfassende Studie zur werthaltigen Angebotsgestaltung im Tourismus durchgeführt. Hierzu wurden 70 qualitative Tiefeninterviews mit reiseaffinen Personen in der Schweiz, Deutschland, Belgien und den Niederlanden durchgeführt. Unter anderem wurden die Treiber und Barrieren für nachhaltiges Reisen aus Kundensicht identifiziert und auf dieser Basis fünf Personas für Nachhaltigkeit im Reisekontext entwickelt.
Die IgnorantenBarriere: Desinteresse und Irrelevanz
Im Leben der «Ignoranten» spielt das Thema Nachhaltigkeit keine Rolle. Ihr Verhältnis zu Nachhaltigkeit ist geprägt von Desinteresse bis hin zu Verleugnung. Nachhaltigkeit wird zudem mit Belastung und zusätzlichem Aufwand in Verbindung gebracht. Konventionelle Reiseoptionen werden als bequemer angesehen und - von wenigen Ausnahmen abgesehen - präferiert.
Die Preisoptimierer
Barriere: Kosten
Für die «Preisoptimierer» hat das Thema Nachhaltigkeit im Reisekontext eine gewisse Relevanz. Jedoch nur dann, wenn nachhaltige Angebote mit keinem Preisnachteil verbunden sind. Die Fahrt mit dem Nachtzug muss z.B. im Vergleich zum Flug auch preislich attraktiv sein. Nachhaltigkeit ist für sie beim Reisen somit eher ein «nice-to-have» und nicht mit einem konkreten Mehrwert verbunden.
Die Pausierer
Barriere: Urlaub als «Nachhaltigkeitspause»
Die «Pausierer» sind beim Thema Nachhaltigkeit ambivalent: In ihrem Alltag achten sie bewusst auf einen nachhaltigen Lebensstil. Sie sind gut informiert und kritisch gegenüber nicht-nachhaltigem Verhalten. Weil sie Nachhaltigkeit ernst nehmen, ist das Thema für sie aber auch mit einem gewissen Stressfaktor verbunden. Von diesem Stress möchten sie sich im Urlaub befreien und gönnen sich eine «Nachhaltigkeitspause». Der nachhaltige Lebensstil im Alltag fungiert somit als Rechtfertigung für den Verzicht auf nachhaltiges Verhalten im Urlaub.
Die bequemen Grünen
Barriere: Identifikation von nachhaltigen Optionen
Der wahrgenommene Aufwand von gelebter Nachhaltigkeit spielt auch bei den «bequemen Grünen» eine Rolle. Sie präferieren zwar grundsätzlich nachhaltige touristische Angebote. Allerdings erleben sie die Identifikation von nachhaltigen Angeboten als mühsam. Die Vielzahl der grünen Labels, Greenwashing-Sorgen und eine gewisse Unlust, sich durch diesen Dschungel hindurchzuarbeiten, sind für sie die Hauptbarrieren, ihren Anspruch an Nachhaltigkeit auch umzusetzen.
Die konsequenten Grünen
Barriere: Weitestgehend ohne Barrieren
Am weitesten fortgeschritten beim Thema Nachhaltigkeit im Reisekontext sind die «konsequenten Grünen». Sie recherchieren bewusst nachhaltige Reiseangebote und sind bereit, für nachhaltiges Reisen mehr Aufwand und einen höheren Preis in Kauf zu nehmen.
Mit Ausnahme von den «Ignoranten» ergeben sich für jede Persona Chancen, sie mit zielgruppengerechten nachhaltigen touristischen Angeboten zu erreichen. Wichtige Erfolgsfaktoren sind dabei u.a. die einfache und vertrauenswürdige Identifikation der Optionen, eine überzeugende Preiskommunikation und eine stressfreie Nutzung der Angebote.
Ein «Weiter-so» im Tourismus wird in naher Zukunft nicht möglich sein.
Die Personas können in unterschiedlichen Anwendungsbereichen zum Einsatz kommen, so z.B. für die nachhaltige Angebotsentwicklung, für die Gestaltung von Content und nicht zuletzt die strategische Positionierung beim Thema Nachhaltigkeit.