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N° 04 April 2024

Customer-Dominant Logic

Interview mit Mafred Bruhn, Karsten Hadwich, Maxim Saleschus

Mareike Ahlers: Viele Konzepte für Unternehmen betonen bereits die Relevanz der Kundenperspektive. Weshalb braucht es jetzt noch die Customer-Dominant Logic? Was genau ist der Unterschied der Customer-Dominant Logic gegenüber der Kundenorientierung bzw. Kundenzentrierung?
 
Kundenorientierung bedeutet, dass Unternehmen sich auf die Bedürfnisse der Kunden ausrichten. Kundenzentrierung geht einen Schritt weiter, indem nicht nur Informationen gesammelt werden, sondern auch die aktive Beteiligung des Kunden in der Entwicklung, Produktion oder Erstellung von Angeboten forciert wird.
 
Beide Konzepte lassen jedoch eine «echte» Kundenperspektive vermissen, da die Wertschöpfung aus der Anbieterperspektive betrachtet wird und vorgegebene Formen der Kundenintegration (z.B. Kunden als Ideengeber) den Einfluss des Kunden auf den Wertschöpfungsprozess des Anbieters bestimmen. Die Customer-Dominant Logic (CDL) hingegen ermöglicht eine umfassende Durchdringung der Wertschöpfungsprozesse des Kunden.
 

Im Zentrum steht die Anbieterintegration in das Kunden-Ecosystem und somit eine andere Perspektive als bei der Kundenorientierung bzw. Kundenzentrierung.

 
Anders als bei der Kundenzentrierung geht die CDL davon aus, dass der Anbieter nur ein Akteur im sog. Kunden-Ecosystem ist. Die CDL unterstellt, dass der Wert eines Angebots durch die individuelle Logik des Kunden in seinem eigenen Ecosystem erlebt, gestaltet und bewertet wird.
 
Die Ausweitung der Integration des Kunden in die eigenen Prozesse des Anbieters, wie sie durch die Kundenorientierung und Kundenzentrierung angenommen wird, beeinflusst die Wertschöpfung des Kunden nur teilweise. Der Aufbau langfristiger, rentabler Kundenbeziehungen wird damit limitiert. Die CDL betont deshalb, dass der Geschäftserfolg des Anbieters darauf basiert, die Logik des Kunden und seine Rolle im Kunden-Ecosystem zu verstehen und bei der Gestaltung attraktiver Angebote zu erfüllen.
 
Mareike Ahlers: Was bedeutet es konkret, dass die Customer-Dominant Logic auf eine tiefgreifende Integration des Anbieters in die Welt des Kunden abzielt im Gegensatz zu traditionellen Ansätzen, die eher auf die Integration des Kunden beim Anbieter abzielen?
 
Das bedeutet konkret, die Unternehmensziele, Marketingstrategien und Marketinginstrumente konsequent und ganzheitlich vom Kunden her zu denken. Systematisieren lassen sich die Überlegungen durch folgende Prinzipien: Der Kunde ist der Ausgangspunkt jeder geschäftlichen Aktivität des Anbieters. Damit verbunden ist die Generierung eines permanenten Wissens über den individuellen Kunden, seine Logik und sein Ecosystem; mit dem Ziel, Entscheidungen über die Art, Intensität, Zeitdauer und den Zeitpunkt der Anbieterintegration im Kunden-Ecosystem zu fundieren. Eine Anbieterintegration macht deshalb eine durchdachten und intensiven Einsatz von Marktforschungs- und Segmentierungsmethoden erforderlich. Bei der Strategie- und Instrumentenentwicklung sind diese Informationsgrundlagen zu nutzen und ein konsequentes Denken im Kunden-Ecosystem vorzunehmen. Der Anbieter betrachtet dabei seine Beziehung zum Kunden nicht isoliert, sondern versteht sich selbst als Teil des Kunden-Ecosystems und berücksichtigt bei der Strategiebildung und Gestaltung des Marketingmix bewusst weitere für die Zielerreichung des Kunden relevanten Akteure und Angebote. Auf dieser Grundlage strebt der Anbieter durch die Wahl geeigneter Anbieterrollen eine dauerhafte und signifikante Präsenz (u.a. in räumlicher, zeitlicher, mengenmässiger Hinsicht) im Kunden-Ecosystem an, indem er mit wertstiftenden Integrationsangeboten einen Beitrag zur Realisierung der Ziele des Kunden und auch des Unternehmens leistet.

Mareike Ahlers: Welche konkreten Schritte empfehlt Ihr Unternehmen, um die Prinzipien der Customer-Dominant Logic erfolgreich in ihre Marketingstrategie und Unternehmensführung zu integrieren und dabei eine nachhaltige Wertschöpfung für Kunden zu erreichen?
 
Grundsätzlich ist zu empfehlen, eine schrittweise kundendominante Ausrichtung vorzunehmen, indem spezifische Abteilungen, Prozesse oder Projekte und das jeweils bisherige etablierte Vorgehen kritisch reflektiert und einer kundendominanten Perspektive gegenübergestellt werden. Folgende Leitfragen können die Integration der kundendominanten Prinzipien fördern:
 
  • Haben wir eine Datengrundlage, die uns kontinuierlich mit relevanten Informationen über den individuellen Kunden, seine Logik und sein Ecosystem versorgt?
  • Nutzen wir einen multimethodischen ethnografischen Ansatz, der tiefe Einblicke in das physische und digitale Umfeld des Kunden ermöglicht?
  • Nehmen wir eine Marktsegmentierung vor, die Kunden gemäss ihrer Logik in intern homogene und untereinander heterogene Segmente unterteilt?
  • Nutzen wir unser Wissen über das Kunden-Ecosystem, um eine systematische Marktabgrenzung und die Bildung von Geschäftseinheiten vorzunehmen?
  • Haben wir eine überlegene Integrationsposition identifiziert und spezifiziert, welche Anbieterrolle wir im Kunden-Ecosystem einnehmen können?
  • Haben wir unser Integrationsangebot am Wertbeitrag für den Kunden ausgerichtet?
  • Haben wir unseren Marketing-Mix auf unsere Rolle im Kunden-Ecosystem angepasst (zum Beispiel kooperative Preisbündelung)?
  • Haben wir Customer Performance Indicators definiert, die den Erfolg der Anbieterintegration messen (zum Beispiel Präsenz im Kunden-Ecosystem)?

 
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