Die globale Wertschöpfung entwickelt sich in den industrialisierten Ländern immer mehr zu einer Erlebniswirtschaft, d.h. Erlebnisse sind ein ökonomisches Gut, nach dem die Kunden suchen. Es wäre jedoch zu kurz gedacht, die Inszenierung von Kundenerlebnissen im Stile von Starbucks als heiligen Gral zur Wettbewerbsdifferenzierung zu verstehen. Jedes Unternehmen muss individuell festlegen, wie weit es bei der Erlebnisorientierung gehen möchte. Dies hängt stark von der Frage ab, was unter dem Begriff «Erlebnis» verstanden wird und welches Ziel mit der Erlebnisorientierung verfolgt wird. Hier liegt oft schon der erste Stolperstein. Denn in vielen Unternehmen existiert kein einheitliches Verständnis über den Begriff «Erlebnis» – mit der Konsequenz, dass falsche oder falsch verstandene Managementkonzepte zur Anwendung kommen.
Grundsätzlich lassen sich vier Stufen der Erlebnisorientierung in Abhängigkeit davon unterscheiden, wie stark das Geschäftsmodell und die Value Proposition auf Erlebnissen basiert. Zwischen der reinen Angebotsorientierung und einem erlebnisorientierten Geschäftsmodell liegen demnach Welten: Auf den unteren Stufen der Erlebnisorientierung geht es primär darum, die «Customer Experience» entlang der Kontaktpunkte zu optimieren. Im Fokus steht die Wertsicherung, d. h. die Sicherstellung einer hohen Qualität aus Kundensicht. Als Managementkonzept kommt das Customer Experience Management zur Anwendung. Auf den höheren Stufen geht es weniger um die Befriedigung von Kundenbedürfnissen, sondern mehr um das Stillen von (unerfüllten) emotionalen Sehnsüchten. Hier ist man auf der Suche nach dem «angenehmen Schock», indem man eine Erfahrung bietet, die sich so sehr vom Alltag unterscheidet, dass sie dauerhaft im Gedächtnis bleibt. Es geht also nicht mehr um Wertsicherung, sondern um Wertsteigerung, indem Unternehmen ein ganzheitliches Erlebnis inszenieren, das einen neuen Mehrwert aus Kundensicht bietet. Hierzu bedarf es einer Herangehens- und Sichtweise als beim Customer Experience Management: Beim Experience Value Management stehen die ganzheitlichen Erlebnisprozesse und -dimensionen der Kunden im Fokus.
Bei einem fortschrittlichen Customer Experience Management geht es um Wertsteigerung und nicht lediglich um Wertsicherung.
Als konkrete Stellhebel bieten sich dabei fünf verschiedene Erlebnisdimensionen an, die in ihrer Gesamtheit das Kundenerlebnis prägen: Konsumerlebnis, Unterhaltungserlebnis, Ästhetikerlebnis, Lernerlebnis und Begegnungserlebnis. Erfolgreiche «Produzenten» von Kundenerlebnissen konzipieren Erlebnisse, die in der Regel mehrere dieser Erlebnisdimensionen bespielen. So wurde bei einem Projekt für eine BtoB-Messe die Gestaltung des Lernerlebnisses (z.B. mittels Einsatzes von VR-Technologie) und Begegnungserlebnisses (z.B. Treffen mit Lead Usern) in den Fokus gestellt. Durch das Rahmenprogramm konnte aber gleichzeitig auf das Unterhaltungs- und Ästhetikerlebnis eingezahlt werden. Für eine Publikumsmesse würde man andere Schwerpunkte zur Gestaltung des Erlebnisses setzen.
Je stärker ein Geschäftsmodell auf dem Erlebnis beruht, desto bewusster muss das Erlebnis im Sinne eines Experience Value Managements analysiert und konzipiert werden.